Vor kurzem haben wir das neue ETF Klima-Thermometer vorgestellt, anhand dessen Sie für über 100 Lyxor-ETFs ablesen können, inwieweit sich die dem jeweiligen ETF zugrunde liegenden Indizes an den Temperaturzielen des Pariser Klimaschutzabkommens orientieren.
Das positive Feedback spornt uns an, weiter mit Nachdruck auf eine vollständige Transparenz und umfängliche Veröffentlichung klimabezogener Daten durch börsennotierte Unternehmen hinzuwirken. Unser Anliegen ist es, Anlegern die Möglichkeit zu geben, Temperaturauswirkungen Ihrer Anlagen auf den Klimawandel einer Prüfung zu unterziehen. Es ist zu beachten, dass sich die Temperaturangaben auf Lyxor ETFs beziehen, die wiederum auf einem öffentlich zugänglichen Index basieren, der auch von anderen ETF-Anbietern verwendet wird.
In dem nachfolgenden Blogbeitrag möchten wir Sie über einige interessante Erkenntnisse im Zusammenhang mit dem Lyxor Klima-Thermometer informieren.
Zahlreiche energieintensive Versorgungsunternehmen sind auf dem klimafreundlichen 1,5°Celsius-Zielkurs – wie kann das sein?
Versorgungsunternehmen sind unter anderem auf dem Strom-, Erdgas- und Wassersektor tätig. Aufgrund seiner hohen Kohlenstoffintensität wird dieser Sektor von vielen auf Nachhaltigkeit Wert legenden ESG-Indizes ausgeschlossen. Das Lyxor Klima-Thermometer zeigt jedoch, dass beispielweise europäische Versorgungsunternehmen - abgebildet im STOXX Europe 600 Utilities – im Einklang mit dem 1,5°C-Ziel stehen (65% der AuM des Index bewegen sich sogar auf einem Temperaturzielpfad von unter 1,5°C).

Auch der zu mehr als 50% aus US-Unternehmen bestehende MSCI World Utilities Index kommt auf eine Temperaturwirkung von 1,8°C und liegt damit unter dem großzügiger formulierten Temperaturziel des Pariser Abkommens von 2°C. Wie lässt sich das erklären?
Der Dekarbonisierungszielpfad beschreibt die Entwicklung der Umstellung eines Unternehmens hin zu einem niedrigeren Ausstoß von Treibhausgasen. Die Berechnungsmethode zur Ermittlung der Temperaturkennzahl für das Lyxor ETF Klima-Thermometer basiert auf einem sektorbasierten Ansatz, dem sogenannten „Sectoral Decarbonisation Approach“ (SDA), bei dem allen Unternehmen ein CO2-Budget zugewiesen und das „Potenzial zur Reduktion von CO2-Emissionen“ berücksichtigt wird. Dieses Potenzial ist bei kohlenstoffintensiven Unternehmen (wie sie im Versorgungssektor zu finden sind) deutlich höher als in anderen Branchen, so dass Entwicklungsschritte in Richtung niedrigerer CO2-Emissionen entsprechend stärker ins Gewicht fallen. Fazit: Auch wenn der Versorgungssektor aktuell aufgrund seiner vielen energieintensiven Unternehmen eine deutlich höhere CO2-Intensität als beispielswiese der Technologiesektor aufweist, kann es hier zu einer niedrigeren Temperaturbewertung kommen, da die Entwicklungsschritte zu einer CO2-ärmeren Unternehmenspolitik stärker ins Gewicht fallen (die CO2-Ausstoß- Entwicklung und nicht der status quo ist ausschlaggebend).
Tatsächlich sind die meisten Versorgungsunternehmen- und Indizes 1,5°C-zielkonform, da der Sektor in puncto „Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft“ schon weiter (bzw. fortschrittlicher) ist als andere Branchen. Auch wenn noch viel mehr unternommen werden muss, um die Dekarbonisierung des Sektors zu erreichen: In den vergangenen zehn Jahren konnte dank zahlreicher Projekte zur Einsparung von CO2-Emissionen bereits ein Grundstein gelegt werden. Hinzu kommt, dass viele Versorger sich im Rahmen der Science Based Targets Initiative einem „deutlich unter 2°C“-Szenario verschrieben haben.
Mehrzahl der Indizes liegt über 3°C
Auch wenn es Sie als Kenner der Finanzbranche vielleicht nicht sonderlich überrascht, sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass die meisten Indizes auf ein „Business as usual“-Temperaturszenario von über 3°C ausgerichtet sind.


Eine Alternative zur Reduzierung der Temperaturauswirkung eines zentralen Portfoliobausteins wie des S&P 500 wäre der Lyxor S&P 500 Paris-Aligned Climate (EU PAB) (DR) ETF, der alle Anforderungen zur Einhaltung des ehrgeizigsten Temperaturziels des Pariser Klimaschutzabkommens erfüllt: eine Begrenzung des Temperaturanstiegs auf 1,5°C.

ESG-Indizes mit hoher Temperaturkennzahl sind kein Widerspruch
Wiederholt wurde uns die Frage gestellt, wie es sein kann, dass ein ESG-ETF eine hohe Temperaturkennzahl hat – gegebenenfalls sogar eine höhere als der Ursprungsindex oder ein vergleichbarer Nicht-ESG-ETF.
Ein Beispiel ist der DAX 30: Aufgrund des hohen Anteils an CO2-intensiven Unternehmen in Deutschland und der Tatsache, dass viele Stromerzeuger im DAX 30 vertreten sind, spiegelt dieser Index einen Teil der CO2-intensiven Wirtschaft in Deutschland wider.
Nichtsdestotrotz zeigt unser Klima-Thermometer, dass der DAX 30 durchaus 1,5°C-konform ist, die DAX 50 ESG-Benchmark indes bei über 3°C liegt.


Der Grund hierfür: Ein Index kann heute einen sehr hohen CO2-Fußabdruck haben und dennoch auf die Pariser Temperaturziele ausgerichtet sein. Die Temperaturkennzahl gibt an, ob der Index auf Zielkurs ist – und nicht, ob er derzeit kohlenstoffintensiv ist.
Der DAX 30 enthält mehrere große Unternehmen des Stromsektors. Diese Unternehmen sind bekannt für ihren großen Kohlestromanteil. Sie sind für ein sehr großes Emissionsvolumen verantwortlich und werden daher aus ESG-Indizes ausgeschlossen. Da sie sich jedoch zu umfangreichen Emissionseinsparungen verpflichtet haben, die sogar über das hinausgehen, was zur Einhaltung des Dekarbonisierungszielpfads gemäß dem SDA erforderlich wäre, gelten sie als 1,5°C-konform.
Am verständlichsten wird dies, wenn man sich bewusst macht, dass ESG- und Temperaturkennzahlen grundverschiedene Dinge sind und die Bewertung auf unterschiedliche Weise ermittelt.
Ein ESG-Score stellt eine Unternehmensbewertung im Hinblick auf die Faktoren Umwelt, Soziales und Unternehmensführung dar, während sich eine Temperaturkennzahl allein darauf beschränkt, ob eine Ausrichtung auf die Temperaturziele des Pariser Klimaschutzabkommens vorliegt. Ein Unternehmen mit hoher Kohlenstoffintensität kann in puncto Soziales und Unternehmensführung sehr gut abschneiden und so einen niedrigen Umwelt-Score möglicherweise ausgleichen und insgesamt ein gutes ESG-Rating erzielen.
Wenn Unternehmen mit hohen ESG-Scores im Rahmen einer ESG-Bewertung übergewichtet werden und diese Unternehmen zudem nicht mit den Pariser Temperaturzielen konform sind, kann dies zu einer hohen Temperaturkennzahl bzw. einer höheren Temperaturkennzahl als beim Urpsrungsindex führen.
Was es zu beachten gilt
Wir sprechen hier von einer Momentaufnahme. Die Temperaturkennzahlen können und werden sich in den kommenden Monaten ändern, wofür eine Reihe von Gründen denkbar ist:
• Änderungen der Zusammensetzung und der Gewichtungen eines Fonds
• Änderungen des Unternehmenswerts der im Fonds vertretenen Emittenten (schwankende Marktkapitalisierung, höhere oder geringere Verschuldung, verfügbare Liquidität etc.)
• Effektive Emissionsreduzierung bei den Emittenten im Fonds
• Änderungen der theoretischen CO2-Budgets aufgrund aktualisierter Klima-Szenarios
• Erweiterung der Trucost-Datenbank um neue, bisher noch nicht erfasste Emittentendaten
Das Absinken der Temperaturkennzahl eines ETFs ist nicht zwingend auf eine reale CO2-Emissionsreduzierung und ein Anstieg nicht unbedingt auf höhere CO2-Emissionen zurückzuführen.
Das Lyxor ETF Klima-Thermometer berücksichtigt (noch) nicht die sogenannten „Scope-3-Emissionen“. So werden indirekte Treibhausgasemissionen bezeichnet, die Folge der Aktivitäten eines Unternehmens sind, jedoch diesem nicht zuzurechnen sind oder von diesem nicht kontrolliert werden können.
Bei einigen Sektoren wie beispielsweise dem Automobile und Öl & Gas-Sektor machen die Scope-3-Emissionen einen wesentlichen Teil der CO2-Emissionen aus, sodass deren Berücksichtigung bei der Bewertung der Temperaturausrichtung dieser Sektoren notwendig ist, um ihre tatsächliche Kohlenstoffintensität zu erfassen.
Derzeit ist die Unternehmensberichterstattung zu Scope-3-Emissionen noch lückenhaft, sodass sich eine entsprechende Abbildung in Modellen schwierig gestaltet, und diese Art von Emissionen noch nicht in den bei der Zielsetzung herangezogenen Klimaszenarien zur Vorhersage des Transformationspfads integriert werden kann.
Um das Potenzial des Klima-Thermometers voll auszuschöpfen, werden wir 2021 die Scope-3-Emissionen für Unternehmen des Automobil- und des Öl & Gas-Sektors in unsere Modelrechnung integrieren.
Haben Sie noch Fragen? Bitte schicken Sie uns Ihre Fragen und Anmerkungen zu unserem Klima-Thermometer – und wir werden diese in künftigen Blogbeiträgen beantworten.
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